Familiengenossenschaft und Steuern: Chancen, Risiken und aktuelle Rechtsprechung

Die Familiengenossenschaft wird in der Beratungspraxis oft als modernes Instrument für Nachfolgeplanung und Vermögensverwaltung präsentiert. Auf den ersten Blick scheint sie attraktiv: Vermögen wird in einer gemeinschaftlichen Rechtsform gebündelt, die historisch auf Solidarität und Förderung der Mitglieder ausgerichtet ist. Doch die steuerliche Realität zeigt: Nicht jede Familiengenossenschaft wird von der Finanzverwaltung anerkannt – und im schlimmsten Fall drohen erhebliche steuerliche Risiken bis hin zu Steuerstrafverfahren.


Was ist eine Familiengenossenschaft?

Rechtlich handelt es sich bei der Familiengenossenschaft um eine eingetragene Genossenschaft (eG), deren Mitglieder überwiegend Familienangehörige sind. Häufig geht es um die Verwaltung von Immobilien oder Unternehmensanteilen sowie die geordneten Vermögensübertragungen innerhalb der Familie.

Ihr Zweck muss – wie bei jeder Genossenschaft – die Förderung der Mitglieder sein. Wird die Familiengenossenschaft jedoch lediglich gegründet, um Steuern zu sparen, liegt schnell ein Gestaltungsmissbrauch vor.


Steuerliche Chancen der Familiengenossenschaft

Richtig ausgestaltet kann eine Familiengenossenschaft durchaus Vorteile bringen:

  • Vermögensnachfolge strukturieren: Übertragung von Anteilen an Kinder oder Enkel kann schrittweise erfolgen.

  • Mitbestimmung sichern: Ältere Generationen behalten über Satzungsregelungen Einfluss.

  • Rückvergütungen ermöglichen: Überschüsse können – im Rahmen des Förderzwecks – an Mitglieder zurückfließen.

  • Vermögensbündelung: Immobilien und Beteiligungen lassen sich effizient in einer Struktur zusammenführen.


Steuerliche Risiken: Aktuelle Rechtsprechung und Verwaltungspraxis

1. Verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA)

Werden private Kosten – z. B. Reisen, Wohnimmobilien, Fahrzeuge oder Lebenshaltung – über die Genossenschaft abgerechnet, stuft die Finanzverwaltung dies regelmäßig als verdeckte Gewinnausschüttung ein. Diese Aufwendungen sind steuerlich nicht abziehbar.

2. Verfügung des LfSt Bayern (2025)

Das Landesamt stellte klar: Abzugsfähig sind Ausgaben nur, wenn sie unmittelbar dem satzungsmäßigen Förderzweck dienen. Familiengenossenschaften, die überwiegend private Vorteile finanzieren, erfüllen diesen Zweck nicht.

3. Urteil FG Berlin-Brandenburg (2025)

Das Finanzgericht entschied: Wird eine Familiengenossenschaft nur für private Zwecke genutzt, liegt Gestaltungsmissbrauch vor. Folgen sind: Aberkennung der steuerlichen Vorteile, hohe Steuernachzahlungen und ggf. strafrechtliche Konsequenzen wegen Steuerhinterziehung.

4. Position der Finanzverwaltung

Die Finanzverwaltung betrachtet die Familiengenossenschaft zunehmend kritisch. In mehreren Bundesländern wird betont, dass sie kein anerkanntes Steuersparmodell ist. Auch die DHGP weist darauf hin, dass viele der angepriesenen Vorteile in der Praxis nicht standhalten.


Typische Irrtümer über Familiengenossenschaften

„Familiengenossenschaft spart automatisch Erbschaftsteuer“ – falsch, die Steuer hängt von Vermögensart, Bewertung und Satzung ab.
„Über die Genossenschaft lässt sich die Wegzugsbesteuerung umgehen“ – auch hier hat die Finanzverwaltung eine klare Gegenposition.
„Alle privaten Kosten können steuerlich geltend gemacht werden“ – private Ausgaben gelten regelmäßig als vGA und sind nicht abziehbar.


Praxis-Tipps für Unternehmerfamilien

Wer die Familiengenossenschaft nutzen möchte, sollte:

  • Einen echten Förderzweck definieren (z. B. gemeinsames Immobilienmanagement oder Nachfolgeregelung).

  • Satzung und Geschäftsführung streng am Genossenschaftsgesetz ausrichten.

  • Steuerliche Transparenz wahren, um Vorwürfe der Steuerhinterziehung zu vermeiden.

  • Frühzeitig steuerliche Beratung einholen – insbesondere zu Erbschaftsteuer, Einkommensteuer und möglichen vGA-Risiken.